Die öffentliche Bibliothek, die Misr Public Library ist dem ägyptischen Staat von der Bertelsmann Stiftung 1994 geschenkt worden und wurde von AL HABASHI General Contracting als Generalübernehmer umgesetzt. Die Bestandsvilla wurde vollständig restauriert und den neuen Funktionen entsprechend auch architektonisch neu geplant. Planung und Ausführung wurden firmenintern durchgeführt. Die neue Nutzung erforderte dabei eine komplette Entkernung des Gebäudebestands und eine Verstärkung der tragenden Konstruktion.
Die Informationen, die uns über den Ursprung und die Geschichte des Gebäudes, in dem die Bibliothek errichtet wurde (Palast von Tahaweya), zu Ohren kamen, besagen, dass es in den frühen zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts von einem französischen Bankbesitzer gegründet und dann in den dreißiger Jahren an die Familie des berühmten Feudalherren Tahaweya verkauft wurde.
Mit der Revolution im Juli 1952 ging der Palast in Staatsbesitz über und wurde zur privaten Residenz des Armeekommandanten Abdel Hakim Amer. Nach seinem Tod infolge der Niederlage von 1967 und später dem Tod seiner Witwe wurde das Gebäude zum ersten Mal in seiner Geschichte zu einem verlassenen Palast des Präsidenten der Republik, bis es von der deutschen Bertelsmann-Stiftung (dem Projektgeber), dem ägyptischen Kulturministerium und der Integrated Care Association ausgewählt wurde, die öffentliche Bibliothek von Gizeh zu werden.
Dann wurde im Dezember 1994 der Name in Mubarak Public Library geändert und dem Kulturministerium übertragen.
Beschreibung des ursprünglichen Gebäudes:
Der El Tahaweya-Palast, 4 El Tahaweya Street oder 70 El Nile Street in Dokki, liegt direkt am Nil in einer der schönsten Gegenden von Groß-Kairo. Der ursprüngliche Palast wurde mit Sandsteinmauern und Stahlbetonplatten gebaut. Er besteht aus Keller, Erdgeschoss, erstem Stockwerk und einigen kleinen Räumen auf dem Dach.
Die Grundstücksfläche beträgt etwa 4300 m² und der Palast liegt auf der Nilseite, von der er eine Fläche von etwa 700 m² hat, was bedeutet, dass die Gesamtfläche der Bibliothek etwa 2800 m² beträgt.
Vor Beginn der Arbeiten war das Gebäude in sehr schlechtem Zustand und hatte eine Haupttreppe und mehrere Nebentreppen. Die Haupttreppe verbindet den Eingang im Untergeschoss nur mit dem Erdgeschoss und dem ersten Stockwerk. Dabei handelt es sich um eine Treppe mit einzelnen separaten Steinstufen, die in die direkt tragenden Wände eingebaut sind und über schmiedeeiserne Geländer und hölzerne Handläufe verfügen.
Themen der Bibliotheksgestaltung:
Es gibt drei Hauptthemen, die die Gestaltungsarbeit dieser Bibliothek bestimmt haben:
Erstens architektonisch:
Bewahrung des ursprünglichen Geistes des Palastes und seines französischen Architekturstils zu Beginn des 20. Jahrhunderts und Wiederherstellung der verfallenen Teile.
Die dialektische Beziehung zwischen Alt und Modern.
Zweitens, die neue Funktion:
Die Folgen der Änderung der neuen Gebäudefunktion:
Architektonisch (Konzept) innen und außen.
Strukturell.
Drittens, Modernisierung des Gebäudes:
Erstens architektonisch:
Dies war das unbestrittene Problem der architektonischen Gestaltung, wie der Geist des ursprünglichen alten Stils trotz aller notwendigen Änderungen bewahrt werden konnte, d. h. die Wiederherstellung aller architektonischen und ästhetischen Elemente des verfallenen Projekts. So wurden beispielsweise sämtliche Bereiche mit Außen- und Innenputz und Gesimsen entfernt und restauriert, und etwa 40 % der Fassadenflächen wurden mit Fassadenziegeln, Bildern usw. bedeckt.
Das architektonische Problem, das noch immer umstritten ist und noch Jahre andauern wird, besteht darin, wie das dialektische Gleichgewicht oder der Dialog zwischen den alten und modernen architektonischen Elementen im Projekt aufrechterhalten werden kann. Beispiele für diese formalen Punkte gibt es zu viele. Hier sind nur einige krasse Beispiele zusammengefasst.
Natürlich werden moderne architektonische Elemente in das moderne Design der Bibliothek integriert. Wie können sie in das altmodische Gebäude integriert werden, sodass ein Dialog mit dem Alten in einer harmonischen Beziehung besteht? Oder stellen wir die Frage anders: Welche modernen architektonischen Elemente müssen wir verbergen, d. h. ihre Modernität nicht zeigen? Und welche modernen Elemente können oder sollten gezeigt und hervorgehoben werden?
Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass wir während des Entwurfsprozesses bei jedem Detail, ob groß oder klein, mit dieser Frage konfrontiert waren, und wenn ich behaupte, dass alle Lösungen, zu denen wir gelangt sind, lediglich Meinungen sind, die nicht jeden Geschmack zufriedenstellen können.
Beispiele für moderne Elemente:
1 – Alle Innenelemente sind in Form und Thema modern, wie Möbel, Bodenbeläge und Toiletten sowie die Beleuchtung, die vom Gebäudekörper getrennt werden musste, um den Konflikt zwischen Alt und Modern nicht zu zeigen, da klassische Beleuchtung durch Kronleuchter weder den Anforderungen der öffentlichen Bibliothek gerecht wird noch zu modernen Möbeln passt.
2 – Der gewölbte Balkon auf der Nilseite im Erdgeschoss wurde durch sehr moderne Glas-Stahl-Trennwände mit großen Flächen an die Lesesäle angeschlossen. Dieses Design betont die Modernität des architektonischen Elements. Dieser Vorgang erforderte einige Änderungen an den Decken und Gesimsen. Das gleiche Element wurde in ähnlichen neu geschaffenen Trennwänden im Obergeschoss wiederverwendet.
3 – Die Moderne spiegelt sich im Design des gesamten Gartens wider, jedoch im Geist des französischen Architekturstils des frühen 20. Jahrhunderts, um nicht im Widerspruch zu den Fassaden des Gebäudes zu stehen, sondern mit ihnen zu harmonieren. Es gibt Pergolen aus Eisen und legendärem Marmor sowie Sitzbänke und Gehwege mit strenger geometrischer Aufteilung und Laternen. Alle architektonischen Elemente wurden dem ursprünglichen Baustil entnommen, sind jedoch mit modernen Linien formuliert oder zumindest relativ unabhängig von der Entwicklung der Zeit.
Beispiele für versteckte Elemente:
1 – Die gesamte Fluchttreppe wurde gut an der altmodischen hinteren (sekundären) Fassade konstruiert, als wäre sie alt und absichtlich verborgen, da ihre jüngste Formulierung als modernes Element eine Umkehrung der allgemeinen Perspektive des Gebäudes verursachen könnte. Ich würde sagen, dieses Element ist architektonisch unbedeutend, das heißt, es steht in keinem Verhältnis zur Bedeutung des Elements oder der architektonischen Fassade.
2 – Nach derselben Logik wurden auch mehrere Änderungen an den Grundfassaden vorgenommen, um sie der neuen architektonischen Situation anzupassen, jedoch im gleichen Stil und mit derselben Bauweise und alten Materialien, wie zum Beispiel der ursprüngliche Ersatz der schrägen Fenster an der Südfassade, die sich ursprünglich hinter der Dienstbotentreppe befanden, durch solche hinter den Toiletten. Diese gleiche Schräge verwende ich dann (architektonisch) für die neue Fluchttreppe.
3 – Als wir die große Fläche mit einer atemberaubenden Aussicht auf den Nil nutzen wollten, standen wir vor dem Problem, die Haupttreppe fertigzustellen, da diese ursprünglich auf der Höhe des ersten Stocks endete. Wir entschieden uns, dieselbe alte Treppe durch vorgefertigte Stahlbetonelemente nachzuahmen, die mit Terrazzoputz bedeckt waren und der Form und Farbe des ursprünglichen Steins im alten Teil der Treppe näher kamen. Auch die Handläufe aus Schmiedeeisen und Holz sind alle im gleichen alten Stil, sodass der Besucher die Modernität kaum wahrnehmen kann.
Dasselbe geschah, als die erste Treppe erneuert wurde, da die Anzahl der Stufen durch die Treppenabsatzhöhe des Eingangs zugenommen hatte. Diese Treppe wurde jedoch aus Naturstein gebaut.
Funktion:
Die Funktion des alten Gebäudes änderte sich von einem Herrenhaus zu einer öffentlichen Bibliothek, was drastische Änderungen sowohl auf architektonischer als auch auf technischer und struktureller Ebene mit sich brachte.
Architektonisch
Die neue Funktion des Gebäudes erforderte große Säle zum Lesen und für Aktivitäten, nachdem es aus vielen architektonischen Räumen und relativ kleinen bestand, was ausnahmslos auf den vier Stockwerken des Gebäudes umgesetzt wurde. Das Obergeschoss war sogar völlig neu. So wurden viele Trennwände und tragende Wände entfernt, um diese weiten Räume zu schaffen.
Um logische Kommunikationslinien zwischen architektonischen Räumen mit unterschiedlichen Funktionen innerhalb des Gebäudes bereitzustellen, wurden alle Nebentreppen entfernt und die Haupttreppe nur verlängert, um alle Stockwerke miteinander zu verbinden.
Der Garten des Gebäudes ist so angelegt, dass er eine große Anzahl von Besuchern aufnehmen kann. Nachdem es nur eine grüne Rasenfläche war, wurden Sitz- und Gehbereiche, von Pflanzen beschattete Bereiche und Räume zur Ausstellung von Kunstwerken usw. hinzugefügt. Der architektonische Geist des Stils und des Alters des ursprünglichen Gebäudes wurde bei diesem Entwurf berücksichtigt, jedoch mit modernen Linien. Dies zeigt sich im Design der Eisenpergolen, Sitzbänke, Tore, Geometrie, Brunnen, Beleuchtungslaternen usw.
Strukturell: Erstens die Erweiterung der architektonischen Räume:
Wie bereits erwähnt, wurden relativ viele tragende Wände entfernt und durch Balken ersetzt, von denen die meisten über der abgehängten Decke verborgen waren und über Lasten auf die anderen Wände geworfen wurden … mit sehr wenigen Ausnahmen. Sie wurden durch drei Säulen ersetzt, nachdem das gesamte Gebäude vollständig angehoben wurde.
Zweitens: Neue Lasten:
Die Nutzlast für Wohnzwecke beträgt 2 KN/m². Diese Tatsache machte die Verstärkung struktureller Elemente im Gebäude von Anfang an und vor dem Testen am Boden zu einem zentralen Thema. Dennoch war es notwendig, diese Strukturelemente vor Ort zu testen, um die strukturellen Vorkehrungen jedes Elements und den Grad der Verstärkungs- und Verstärkungsbedürftigkeit zu bestimmen. Daher wurden diese Tests vor Beginn der Planungen durchgeführt und ihre Ergebnisse waren für die spätere Festlegung der strukturellen Entwurfspfade von entscheidender Bedeutung.
Wir haben Folgendes festgestellt:
Alle Betonplatten im Gebäude tragen keine Nutzlast von mehr als einem KN/m².
Die strukturelle Reserve der tragenden Wände ist sehr groß und viel höher als wir benötigen (hauptsächlich für Zwecke der Wärme- und Schalldämmung).
Folglich wurde bei der Konstruktionsplanung darauf geachtet, alle Betonplatten im Gebäude von oben zu verstärken, wobei die schwachen alten Platten als Schalung verwendet und mit den neuen Platten darüber verbunden wurden, die regelmäßige Versteifungen oder Stege (T-Profil oder Rippenplatten) bildeten, da diese Verstärkung eine Höhe von 8 cm (nur acht Zentimeter) darüber nicht überschreiten durfte. Das war notwendig, um das Niveau des ursprünglichen Sockels der Haupttreppe beizubehalten, da eine Änderung dieses Niveaus fast unmöglich war.
Dann ergab die erneute Berechnung aller Betonplatten, um die Nutzlast von 5 kN/m² (öffentliche Bibliotheken) zu tragen, das Ergebnis, dass die Fundamente des gesamten Gebäudes verstärkt werden mussten, da die strukturelle Reserve in den alten Fundamenten überhaupt nicht ausreichte. Daher wurden zusätzliche Fundamente unter den alten Fundamenten entworfen und monolithisch mit ihnen verbunden.
Gebäude-Update:
Es versteht sich von selbst, dass die Einrichtung einer öffentlichen Bibliothek mit diesem neuen Inhalt und als Modell für die Zukunft ein hohes Maß an Modernisierung des Gebäudes erfordern wird.
Dies wurde bei den Entwürfen berücksichtigt, indem alle Elemente moderner Technologie eingeführt wurden, um den Geist des architektonischen Stils des Palastes nicht zu verletzen oder zu verletzen.
Dazu gehören:
Zentrale Klimaanlage, deren Luftkanäle über der abgehängten Decke und deren Maschinen in gestohlenen Böden über den Badezimmern versteckt waren.
Komplett neues Stromnetz mit separaten Unternetzen für Klimaanlage, Beleuchtung und Steckdosen. Ein ganzes Stromnetz ist an den Generator angeschlossen.
Verschiedene Schwachstromnetze wie Computer, Video, normales Fernsehen, Satellitenfernsehen, internes Radio, Telefon und Feueralarmsystem.
Neue Badezimmer und WCs, die in Quantität und Qualität der neuen Funktion des Gebäudes entsprechen, sowie ein neues Abwassernetz und Feuerlöschanlagen innerhalb und außerhalb des Gebäudes.
Moderner Aufzug für die Öffentlichkeit, das Bibliothekspersonal und den Transport von Bücherwagen zwischen der Sortier- und Bibliographiehalle im Keller und den Lesesälen in den verschiedenen Stockwerken.
Die moderne Cafeteria und die direkt darunter angeschlossene Küche sind durch eine Wendeltreppe und einen Pendelaufzug verbunden und verfügen über modernste Geräte zum Heizen, Kühlen, Konservieren, Waschen, Trocknen usw.
Der an die obere Terrasse angeschlossene Veranstaltungssaal wurde für verschiedene Arten von Veranstaltungen wie Seminare, Konferenzen, Musik, Theater usw. konzipiert und eingerichtet. Daher wurden seine Wände und seine Decke mit einem speziellen Akustikdämmputz für das Theater verkleidet. Der Boden besteht aus luxuriösem Parkett und verfügt über spezielle Beleuchtung und spezielle Vorhänge für vollständige Verdunkelung und professionelle Aufführungen, die auch den Anforderungen von Kino und Musikhören auf höchstem Niveau gerecht werden können.
Mamdouh Habashi 1995